Der Irak und der Baker-Report

Dezember 9, 2006 um 11:38 pm | Veröffentlicht in Middle East | Hinterlasse einen Kommentar

Auf der Homepage des Council of Foreign Relations, einer mächtigen Schnittstelle zwischen der Außenpolitik und der gesellschaftlichen bzw. wirtschaftlichen Elite des Landes, fand ich eine ausführliche Beschreibung verschiedener Handlungsvorschläge betreffend den Rückzug der US-Truppen aus dem Irak.

In einem Buch, Johann Awad Geissler, Safia, Knaur, München, 2005, beschreibt die Tochter eines Scheichs, Safia Taliba, Details über die Geschichte des Irak. Zunächst türkisches Gebiet, wurde der Irak von einer britischen Mandatsregierung geführt und anschließend unter König Feisal, einem Sunniten, in die Freiheit entlassen. Doch das Königshaus konnte sich nicht lange halten. Zwischen 1921 und 1958 kamen 51 Regierungen an die Macht, ein besonders tüchtiger Premierminister, Nuri-Al Said schaffte es in diesem Rahmen, 13 Regierungen aufzustellen. Daran gemessen, kann man sich vorstellen, was den armen Leuten in diesem Land bevorsteht, wenn die Amerikaner jetzt einfach abziehen.

Peter Scholl-Latour meint, dass weder der Iran noch Syrien am Widerstand gegen die USA schuldhaft beteiligt waren. Was konnten die umliegenden Länder z.B. dafür, dass die Wasserleitungen in Basra zerstört wurden oder auch daran, dass die US-Army Saddam Hussein ewig nicht einfing? Eben!

Peter Scholl-Latour führt die starken Spannungen darauf zurück, dass die Schiiten nach dem System „One man – one vote“ die Mehrheit durchsetzen möchten, während sowohl die USA als auch die Kurden bzw. Sunniten an einer Förderation interessiert sind. Dies heißt aber, dass der Irak nach einem Abzug der USA schiitisch dominiert werden könnte. Damit würde sich aber haargenau jenes Horroszenario entwicklen, welches Israel, Europa und die USA am meisten befürchten.

Aus Kostengründen kann die Besatzungsmacht im Irak weder gehalten noch verteidigt werden. Außerdem hätte ein weiterer Verbleib der Truppen im Irak den Nachteil, dass der Hass der Moslems auf die USA bzw. auf Israel weiter verstärkt wird bzw. dass Präsident Olmert das Bleiben der Amerikaner dahingehend auslegen könnte, dass Israel die US-Truppen im Irak als Rückhalt sieht und benutzt und doch noch den Iran angreift. Abgesehen davon benötigt Afghanistan ebenfalls Aufmerksamkeit, damit der Krieg nicht auch in diesem Land verloren wird.

Man überlegte, den Irak zu zerteilen. Dies scheitert aber daran, dass sich bereits am Anfang des Krieges die Türkei ausbat, dass niemals ein unabhängiges Kurdistan an der Grenze zur Türkei gegründet werden dürfte. Außerdem sah man ja am Beispiel des zerfallenden Jugoslawien, wie instabil, unterstützungsbedürftig und schwierig eine solche Entwicklung sein kann.

Eine andere Idee, die wiederholt besprochen wurde, war jene, UNO-Truppen einzusetzen. Aber wenn bereits zwei der stärksten Armeen der Welt, die amerikanische und die britische, den Kampf im Irak nicht gewinnen – was könnte dann die UNO in diesem Land ausrichten? Abgesehen davon, dass es völlig unlogisch ist, die Staatengemeinschaft dafür bezahlen zu lassen, dass die USA ausdrücklich ohne Mandat der UNO den Irak angriff, fehlt den UNO-Truppen eine geeignete militärische Führung ebenso wie die nötige Stoßkraft.

Prof. Noam Chomsky meinte einmal, man sollte es doch dem Iran überlassen, die Probleme des Irak zu lösen (Znet, 2002, Ein zurückhaltender Vorschlag). Parallel zu dessen Ideen fand ich bei Peter Scholl Latour die Idee, man sollte doch die Türkei als eine Ordnungsmacht Richtung Osten heranziehen. Was ist, wenn man den Irak, dessen Staatsgebiet ohnehin auf einer künstlichen Konstruktion beruht, auf die umliegenden Staaten aufteilt? Auch, wenn sich die Amerikaner ebenso wie Israel scheußlich benommen haben, darf man nicht vergessen, dass es für uns Europäer schlimme Folgen haben könnte, wenn der Westen diese Stützpunkte aufgeben würde.

Die Region selbst ist vollkommen zerstört. Mehr als zwei Millionen Menschen starben bereits nach dem zweiten .Golfkrieg. Daran waren aber nicht nur die Unterschlagungen von Kofi Annans Sohn bzw. jene von Saddam Hussein schuld, sondern auch die Tatsache, dass aus Angst, Saddam Hussein könnte gefährliche Waffen entwickeln, weder die Einfuhr von Chemikalien zur Reinigung des Grundwassers noch die unbedingt nötiger Insektenvertilgungsmitteln erlaubt war.

Es würde gewaltige Anstrengungen kosten, Landwirtschaft, Infrastruktur und auch historische Gebäude wieder zu sanieren. Gesetzt den Fall, das Staatsgebiet des Irak würde auf die umliegenden Länder verteilt, könnten die dortigen Ölquellen so schnell wie möglich saniert werden, damit der Wiederaufbau, zu dem jetzt die Mittel fehlen, zügig voran geht und endlich wieder Friede in dieses arme Land zurückkehrt.

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