Über die „Prager Rede“

April 7, 2009 um 9:56 pm | Veröffentlicht in Anachronismen, Democrats, Generell, Gesellschaft, USA, Verständigung, Waffen, Wirtschaft, Without Clash | Hinterlasse einen Kommentar

Als Obama Barack am 5. April 2009 in Prag seine Rede hielt, erregte jene Passage, in der er über  eine atomwaffenfreie Welt als Ziel sprach, erhebliches Aufsehen. Mit einem so überschwänglich geäußerten Bekenntnis zum Frieden aus den USA hätten noch vor wenigen Monaten kaum jemand gerechnet:

Ich möchte heute also ganz deutlich und mit Überzeugung Amerikas Bereitschaft erklären, den Frieden und die Sicherheit in einer Welt ohne Atomwaffen anzustreben ¹.

Die meisten Leute freuten sich. Dies verwundert nicht. Bereits die Ankündigung, in Zukunft die Ratifizierung des Vertrags zu Atomteststopps (CTBT)zu unterstützen, sollte außerdem für Begeisterung sorgen (5.4.2008, nachrichten.at). Nach der langen Zeit des „Kalten Krieges“, in der eine mögliche Konfrontation zwischen den USA und der damaligen UDSSR als riesige Bedrohung für alles Leben auf der Erde angesehen wurde, sind West- ebenso wie Osteuropäern außerdem sämtliche Atomwaffen ohnehin suspekt. Auch Politiker oder andere prominenten Persönlichkeiten sparten nicht mit Applaus für den geäußerten Wunsch nach Abrüstung und Verständigung. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich zustimmend. Auf der Homepage von Radio Vatikan wurden Barack Obamas Sätze sogar von frenetischem Beifall begleitet.

Trotzdem erhoben sich auch kritische Stimmen. Das ist schwer verständlich, denn zur Beruhigung all jener, die ohne das Gefühl, dass die USA bis an die Zähne aufgerüstet sind, nicht schlafen können, versprach Barack Obama ohnehin, dass sich der totale Verzicht auf Atomwaffen nicht nur innerhalb seiner Amtszeit, sondern während seines ganzen Lebens kaum realisieren lässt.

Ich bin nicht naiv. Das Ziel wird sich nicht rasch erreichen lassen. Vielleicht auch nicht in der Zeit meines Lebens. Es wird Geduld und Beharrlichkeit erfordern. Aber jetzt müssen wir die Stimmen jener ignorieren, die sagen, dass die Welt sich nicht ändern kann. Wir müssen darauf bestehen und sagen: Yes, we can ².

Außerdem liegt es nahe, eine Verbindung zwischen der Finanzkrise und Entwicklungen der Rüstungsindustrie zu sehen. In diesem Jahr wurden freilich die Ausgaben für den militärischen Bereich sogar noch erhöht. Der US-Verteidigungsminister Robert Gates befürwortet allerdings eine Umschichtung der Komponenten. Dabei wird die Entwicklung futuristischer Waffensysteme gekürzt, die Produktion allzu aufwändiger Modelle eingestellt. Weiter ausgebaut wird allerdings der direkt einsatzfähige Teil des Militärs wie kleine Einheiten und die Ausrüstung ebenso wie die Versorgung der Soldaten. Das ist aber nötig, denn Barack Obama muss so schnell wie möglich die Kriege im Irak und auch den in Afghanistan beenden, um finanziellen Spielraum zu gewinnen (6.4.2009, spiegel.de).

Langfristig lassen sich aber die für die Sanierung der maroden Wirtschaft erforderlichen Mittel kaum anders als durch Kürzung des Rüstungsetats einsparen. Eine solche Maßnahme bedarf aber erfolgreicher Verhandlungen mit den Regierungen zur Zeit verprellter Länder. Dann erst kann eine Phase der Abrüstung eintreten. Jeder, der Abrüstungsverhandlungen skeptisch gegenüber steht, sollte wissen, dass hier Barack Obama kaum alleine agieren kann. Um den „Öl-Rüstungskomplex“ im eigenen Land zu besiegen, bedarf der neue US-Präsident jeder Unterstützung aus dem Ausland.

„Die Waffen nieder!“ So lautete 1889 die Überschrift des pazifistischen Romans der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner. Weder ihr Werk noch ihr Engagement konnten die großen Weltkriege in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts verhindern. Gerade deshalb wäre es aber an der Zeit, sich ihre Zeilen wieder ins Bewusstsein zu rufen. Wenn es gelingt, einen Teil jener Milliarden, die für die amerikanische Rüstungsindustrie pro Jahr ausgegeben werden, für die Deckung wichtiger Ausgaben heranzuziehen, dann wäre nicht nur die Welt sicherer und friedlicher als sie es jetzt ist, sondern auch die Finanzkrise ginge ihrem sicheren Ende entgegen.

Fußnoten ¹, ²: 5.4.2006, apa.at

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